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Die Kinderbetreuung endlich der Realität anpassen

News Zu Gast im Land Familie Gilles Baum

Es gibt zurzeit kaum ein politisches Thema, das gegensätzlicher diskutiert wird, als die zum Herbst geplante Einführung einer mehrsprachigen Kinderbetreuung.

Ich möchte vorab klarstellen, dass es sich bei dieser Maßnahme nicht um die verkappte Vorbereitung auf eine spätere Alphabetisierung auf Französisch handelt. Dies stimmt einfach nicht, im Gegenteil. Kinder zwischen einem und vier Jahren sollen auf eine spielerische und entspannte Art und Weise an die luxemburgische und die französische  Sprache herangeführt werden, also bevor unsere Kleinen überhaupt Gefahr laufen Sprachbarrieren aufzubauen, die sie danach ihr ganzes Schulleben lang begleiten.

Das Ziel von Bildungssminister Claude Meisch ist glasklar. Mehr Französisch heißt nicht weniger Luxemburgisch, sondern bedeutet einen intensiven Austausch. Kleinkinder, die auf Luxemburgisch erzogen werden, bekommen so ein Gefühl für Französisch vermittelt und Crèchen, die bisher französisch geprägt waren, müssen sich dem Luxemburgischen öffnen. Die Kinder werden also nicht in diesen Sprachen unterrichtet, sondern an sie herangeführt.

Die Luxemburger Gesellschaft hat sich in den letzten Jahren grundlegend verändert. Die Zeiten, in denen die Kinder einer Grundschulklasse fast alle Luxemburgisch zu Hause redeten, sind vorbei. Mehr als die Hälfte der Kinder hat mittlerweile einen Migrationshintergrund. Macht die Politik demnach beide Augen zu und fährt unbeirrt auf den althergebrachten Pfaden weiter oder geht die Schul- und Jugendpolitik gezielt neue Wege, die verhindern, dass der Sprachenhintergrund Kinder von vornherein benachteiligt? Die Position der DP ist eindeutig: Gleiche Startchancen für alle Kinder! Unabhängig von ihren sozialen, familiären, sprachlichen und kulturellen Unterschieden.

Ja was denn nun?

Neben den rezent eingeführten Qualitätskriterien werden die Personalressourcen in den Crèchen ab dem nächsten Schuljahr um 10% erhöht und der Staat wird einen Teil der Kosten übernehmen. Dies ist ein weiteres Standbein der neuen Kinderbetreuung, die mit der Reform von Ressortminister Claude Meisch, eins zu eins umgesetzt wird. D.h. mindestens 20 Stunden kostenlose Kinderbetreuung pro Woche, während jährlich 46 Wochen. Für eine Familie mit zwei Kindern bedeutet dies eine Entlastung von zwischen 3 000 und 5 000 Euro pro Jahr, mindestens 250 Euro monatlich. Für Kinder aus sozial benachteiligten Familien kann der Staat sogar bis zu 30 Stunden übernehmen.

Diese Richtung hatte auch der frühere Premierminister Jean-Claude Juncker im Jahre 2008 vorgegeben. Ein Jahr später wurde die Zielsetzung einer langfristig kostenlosen Kinderbetreuung, respektive Kindererziehung, im Wahlprogramm der CSV übernommen. Mittlerweile will man bei der größten Oppositionspartei aber nichts mehr von einer kostenlosen Betreuung wissen. Und um das Durcheinander perfekt zu machen, forderte die CSV in der parlamentarischen Bildungskommission, die 20 Stunden-Regelung auch für Tagesmütter umzusetzen.

Die Caritas ihrerseits liegt auf einer Linie mit den geplanten Verbesserungen. Im letzten Sozialalmanach wünscht sich die Stiftung nähmlich, dass die Kinderbetreuung zu einem kostenlosen Teil des Erziehungssystems wird, so wie die traditionelle Schule von heute.

Die neuen Maßnahmen entsprechen der politischen Ausrichtung der Demokratischen Partei, für eine Politik, die den gesellschaftlichen Realitäten von heute Rechnung trägt. Darum geht es!

Gilles Baum ist Abgeordneter der Demokratischen Partei.

 


Gilles Baum

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